Abstract
Geschildert wird die Behandlung einer mehrfach traumatisierten 25-jährigen Patientin,
die u.a. mit 16 Jahren Opfer einer brutalen Vergewaltigung geworden war. Im Mittelpunkt
der ca. 700-stündigen Behandlung, die als 2-stündige Psychotherapie begann und dann
nach knapp 2 Jahren in eine 4-stündige Analyse überführt werden konnte, stand die
Reaktualisierung des traumatischen Erlebnisses im „Hier und Jetzt” der Übertragung.
Im Behandlungsverlauf, der u.a. anhand von Träumen sehr konkret beschrieben wird,
wird die Analyse selbst mehr und mehr zur traumatischen Situation (und damit der
Analytiker zum Täter), sodass Hilflosigkeit, panische Angst, Verwirrung und Ausgeliefertsein
unmittelbar wiedererlebt werden. Nur in dieser Konstellation - so die Überzeugung
des Autors - ist es möglich, die Grenze zwischen Realität und Phantasie wieder zu
errichten, die durch das Trauma zerstört wurde, und erst wenn diese Grenze wieder
besteht, können Opfer traumatischer Gewalt aufhören, unaufhörlich Verfolgte zu sein
- verfolgt von eigenen (Trieb-)Impulsen, die als äußere Gefahr erlebt werden, solange
sie im psychoanalytischen Prozess nicht als eigene erkannt und integriert werden
können.
Keywords
Trauma - Psychoanalytische Behandlung - Übertragung - Fallbericht - Behandlungstechnik
1 Ich habe diese spezifische Konstellation an anderer Stelle (Ehlert u. Lorke 1988)
als Verfolgungstrauma gefasst und von anderen Formen der Traumatisierung abzugrenzen versucht.